Von der Einzelpraxis zur MVZ-GmbH

Das am 11. Juni 2015 vom Bundestag verabschiedete Versorgungsstärkungsgesetz (GKVVSG) eröffnet zahnärztlichen Einzelpraxen neue Wachstumsmöglichkeiten.

Der Weg zur Zahnärzte-MVZ-GmbH ist damit frei. Vorsicht ist geboten bei der rechtlichen undsteuerlichen Gestaltung der Umwandlung. Bislang durfte ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) nur fachübergreifend geführt werden, d.h. von Ärzten verschiedener Facharzt- oder Schwerpunktbezeichnungen. Vereinzelt wurden in der Vergangenheit zwar Zusammenschlüsse von Zahnärzten und Kieferorthopäden zugelassen, wie beispielsweise im Kammerbezirk Nordhrein.

Grundsätzlich stellte das MVZ aber keine Versorgungsform für Zahnärzte dar. Im neuen GKV-Versorgungsstrukturgegsetz fällt nun diese Gründungsbarriere mit der Einführung des Begriffs „fachgruppengleich“ weg und entzieht KZVen und Gerichten die Argumentationsgrundlage für ihre bislang ablehnende Haltung. Das eröffnet insbesondere Einzelpraxen, strukturierter und ohne rechtliche Verrenkungen zu wachsen, da sie als MVZ eine unbeschränkte Anzahl von Zahnärzten anstellen können.

Wachstumsgrenzen der Einzelpraxis

Die Einzelpraxis ist nämlich bezüglich der Anzahl ihrer angestellten Ärzte auf höchstens zwei vollzeitbeschäftigte bzw. 4 halbzeitbeschäftigte Zahnärzte beschränkt. In der Realität sieht das dann oft so aus, dass der Seniorpartner den Juniorpartner als „Scheinselbständigen“ beschäftigt. Eine Lösung, die erhebliche steuerliche un sozialversicherungsrechtliche Nachteile mit sich bringen und in einigen Fällen auch zu Strafverfahren wegen Abrechnungsbetrug führen kann. Wachstumshemmend ist darüber hinaus die Tatsache, dass die Einzelpraxis höchstens zwei Zweigpraxen betreiben darf, während ein MVZ eine solche Begrenzung nicht kennt.

Die Eröffnung jeder neuen Zweigpraxis setzt aber auch beim MVZ voraus, dass erstens die Versorgung der Versicherten am Ort der Zweigpraxis verbessert wird und zweitens die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Dabei ist mittlerweile geklärt, dass nicht nur bei einem unterversorgten Gebiet ein Anspruch auf Genehmigung besteht. Vielmehr stellt auch die vorhandene Versorgung durch Spezialisten, wie Kinderzahnärzte, Oralchirurgie etc. ein Prüfkriterium dar. Die Versorgung am Ort des Vertragsarztsitzes kann durch die entsprechenden Angestellten im Regelfall sichergestellt werden. Das Bundessozialgericht hat nämlich eindeutig festgelegt, dass eine Beschränkung aus der Berufsordnung für Zahnärzte, wonach ein Zahnarzt nur an zwei weiteren Orten tätig sein darf, nicht für ein MVZ berücksichtigt werden kann.

Ein-Mann-GmbH als MVZ

Grundsätzlich lässt sich ein zahnärztliches MVZ als Personengesellschaft (Berufsausübungsgemeinschaft, Partnerschaftsgesellschaft), als eingetragene Genossenschaft oder als Kapitalgesellschaft in Form der GmbH realisieren. Gesellschaftsrechtlich ist es ausgeschlossen, dass ein einzelner Zahnarzt eine Personengesellschaft oder eine eingetragene Genossenschaft gründet. Ihm ist es jedoch möglich, ein MVZ als sogenannte „Ein-Mann-GmbH“ zu errichten. Dafür sind keine weiteren Partner nötig. Sind die medizinrechtlichen Voraussetzungen für das MVZ erfüllt, empfiehlt sich die Erarbeitung eines gesellschafts- und steuerrechtlichen Konzept, denn was auf den ersten Blick einfach erscheint, hält viele Fallstricke für den auf diesen Gebieten unerfahrenen Zahnarzt bereit.

So ist insbesondere die Frage zu beantworten, wie eine bereits bestehende Einzelpraxis in die GmbH eingebracht werden kann.

Haftungsrisiko und Steuerfalle bei verschleierter Sachgründung

Man gründet eine GmbH im Wege der Bargründung mit einem Stammkapital von 25.000 Euro. Anschließend kauft die GmbH von diesem Geld die Zahnarztpraxis. Das klingt einfach, hat aber verheerende Folgen für den Zahnarzt.

Erstens handelt es sich gesellschaftsrechtlich in diesem Fall gar nicht um eine Bargründung, sondern um eine sogenannte „verschleierte Sachgründung“, da ja die Zahnarztpraxis von den 25.000 Euro gekauft wurde und das Geld nicht in die GmbH eingelegt wurde. Die verschleierte Sachgründung führt zu einer Haftung des Gesellschafters im Insolvenzfall, und wenn der Geschäftsführer gegenüber dem Handelsregister versichert hat, dass er die vermeintliche Bareinlage zur freien Verfügung erhalten hat, liegt zudem der strafrechtliche Tatbestand der falschen eidesstattlichen Versicherung vor.

Zweitens ist laut Umwandlungssteuererlass diese Form der Einbringung der Praxis in die GmbH nicht zu Buchwerten bzw. steuerneutral möglich. Das bedeutet für den Zahnarzt, dass er eine Schlussbilanz aufstellen muss, in der die Verkehrswerte insbesondere auch der immaterielle Wert der Praxis auszuweisen sind. Die Differenz zwischen Verkehrs- und Buchwerten, die beträchtlich sein kann, hat er dann voll als Veräußerungsgewinn zu versteuern. Der Zahnarzt zahlt also dann Steuern von einem Gewinn, der ihm tatsächlich nie zugeflossen ist. Verfügt der Zahnarzt nicht über ausreichende Liquidität, um die Steuerforderungen des Finanzamtes zu erfüllen, läuft er Gefahr insolvent zu werden.

Steuergünstige MVZ-Gründung

Voraussetzung dafür, dass die Einbringung der Einzelpraxis in die GmbH steuerlich neutral unter Fortführung der Buchwerte möglich ist, kann nach §§ 20 ff. des Umwandlungssteuergesetzes nur dergestalt erfolgen, dass dem Gesellschafter für die Einbringung seiner Praxis neue Gesellschaftsrechte gewährt werden. Das würde bei der „Ein-Mann-GmbH“ bedeuten, dass der vorherige Einzelpraxisinhaber durch Einbringung seiner Praxis in die GmbH 100 % der Anteile erhält. Die Einbringung kann zum Beispiel im Wege der Einzelrechtsnachfolge durch Sacheinlage erfolgen, die dem Gericht angezeigt werden muss, damit der Wert der einzelnen Sachgegenstände nachprüfbar ist. Hier sind auch diverse Gestaltungen möglich, die im Einzelfall in einer Beratung mit Anwalt und Steuerberater abgeklärt werden müssen.

Empfehlung

Wer über die Umwandlung einer Einzelpraxis in ein MVZ nachdenkt, sollte sich gesellschafts- und steuerrechtlich professionell beraten lassen.